Quantencomputer in 30 Jahren?
Erforschung der digitalen Zukunft an der Uni Bremen / Winzige Maschinen und neues Internet
BREMEN "Langsam nähern wir uns den physikalischen Grenzen", sagt Prof. Rolf Drechsler, Leiter der AG Rechnerarchitektur im Fachbereich Mathematik und Informatik der Uni Bremen, im Gespräch mit unserer Zeitung.
An der Uni wird auf zwei Ebenen daran gearbeitet, die bisher als Grenzen geltenden Horizontlinien ganz neu zu definieren. Da ist zum einen die AG Rechnerarchitektur, die die Revolutionierung der Computer von Informatikerseite unterstützt. Und zum anderen gibt es Wissenschaftler, die an der Vision eines komplett neuen Internets arbeiten.
Was Drechsler und sein Team machen, sei ganz klar Grundlagenforschung, sagt der Professor. Es werde wohl noch 20 bis 30 Jahre dauern, bis Verbraucher Quantencomputer kaufen könnten. Die werden sehr viel kleiner sein als bisher bekannte Maschinen. Quantencomputer arbeiten nicht mehr mit elektronischen Signalen, die die digitalen Werte 0 und 1 darstellen, sondern mit so genannten Qubits - atomare Zustände von Lichtphotonen und Ionen. In Bremen wird an Methoden zur Entwicklung von Quantenschaltkreisen für Quantencomputer gearbeitet. Die Forschungen beruhen auf der "Quantentheorie" aus den 20er Jahren, der sich die Ergebnisse langsam annäherten, so Drechsler. Mit Hilfe dieser physikalischen Theorie, die äußerst präzise Berechnungen sehr kleiner Teilchen und auch Systeme ermöglicht, soll die einfache Frage geklärt werden: Wie kann ein Quantencomputer hergestellt werden, der dann auch genau das ausführt, was von ihm erwartet wird? Diese neue Art von Computern sei bisher mehr in der Theorie erfolgreich als in der Praxis. Die bisher erstellten Quantencomputer seien gerade mal in der Lage, Aufgaben wie etwa 5 mal 3 zu lösen.
Die AG Rechnerarchitektur an der Bremer Uni bekommt nun für zunächst zwei Jahre Förderung von der Deutschen Forschungsgemeinschaft: insgesamt 150 000 Euro für Personalkosten und Sachmittel. Seit einem Jahr wird die AG Rechnerarchitektur auch vom Deutschen Akademischen Austauschdienst unterstützt. Mit dessen Förderung wird der intensive Austausch zwischen Bremer und kanadischen Wissenschaftlern organisiert.
Ebenfalls international, aber mehr mit der zukünftigen Seite der Nutzer von digitalen Geräten, befassen sich in der kommenden Woche Studenten und Wissenschaftler aus Hochschulen und Unternehmen in einer Internet-Sommerschule. Und eben das ist auch Inhalt der vom Technologie-Zentrum Informatik und Informationstechnik in Kooperation mit dem EU-Projekt "4WARD" und dem Bremer Sonderforschungsbereich Selbststeuerung in der Logistik organisierten virtuellen Sommer-Seminars. Es sollen grundlegend neue Ansätze für das zukünftige Internet erforscht werden. Die Sommerschule basiert auf der Annahme, dass das heutige Internet eine unverzichtbare Infrastruktur für die Gesellschaft darstellt. Es wird zur Unterstützung einer Vielzahl von Anwendungen, Diensten und Netztechnologien benutzt, für die es nie entwickelt wurde. Aber das Internet wird immer wieder verbessert und weiterentwickelt. Unter Fachleuten gibt es verschiedene Ansichten, ob das Internet zukünftig seinen Aufgabe noch durch weitere Verbesserungen gerecht werden kann oder ob eine komplette Neuentwicklung erforderlich ist. Letzteres ist das Anliegen des internationalen Projekts "4WARD". Im Rahmen der Sommerschule bekommen die Teilnehmer Einblicke in aktuelle Forschungsstände und Fachdiskussionen, sie hören Vorträge und erleben Posterpräsentationen. Am Mittwoch, 22. Juli, 18 Uhr, gibt es im Haus der Wissenschaft, Sandstraße 4, eine öffentliche Podiumsdiskussion zu diesem Thema. Alle Interessierten sind eingeladen.
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